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    Psychologie des Rauchens


Die psychische Wirkung von Zigaretten wird häufig unterschätzt. Rauchen kann abhängig machen, nicht nur körperlich, sondern auch psychisch, und beides ziemlich rasant.

Hast du gewusst, dass manche Jugendliche schon innerhalb weniger Wochen zigarettensüchtig werden und Entzugserscheinungen haben? Viele rauchen nur, um Entzugserscheinungen wie Gereiztheit, Kopfschmerzen oder Stimmungsschwankungen zu vermeiden. Zwar kann sich eine Tabakabhängigkeit auch erst nach Jahren einstellen, fest steht jedoch, dass Zigaretten ein sehr hohes Suchtpotential haben. Nur ganz wenige RaucherInnen schaffen es, ihren Zigarettenkonsum ein Leben lang auf einem niedrigen Niveau zu halten und mühelos wochenlange Rauchpausen einzulegen. Eine Zigarettensucht kann so stark wie eine Heroin- oder Alkoholabhängigkeit sein!

Bekannt ist die Wirkungsweise des Rauchens, das, was am Rauchen abhängig macht:


Nikotinflow

Nikotin wird über die Atemwege ins Blut aufgenommen und gelangt innerhalb 7 Sekunden ins Gehirn. Dort löst es blitzschnell eine Reihe unterschiedlicher, von RaucherInnen meist als angenehm empfundener Reaktionen aus und wirkt wie ein Flow. Ein Flow ist ein plötzliches Durchströmtwerden von spezifischen Empfindungen.

Nikotin hat eine Doppelwirkung: anregend und entspannend zugleich. Je nach dem, in welchen Mengen Nikotin konsumiert wird, überwiegt die eine oder andere Wirkung. Jugendliche RaucherInnen laufen Gefahr, dass sie in vielen Situationen (z.B. Schulstress, neue Situationen, Langeweile) immer mehr verlernen, sich mit gesunden Mitteln in Schwung zu bringen oder umgekehrt zu entspannen.

Eine andere psychische Gefahr am Nikotinflow ist, dass er lediglich ein paar Minuten dauert. Der Versuchung ist gross, mehrere Zigaretten hintereinander zu rauchen. Je mehr man jedoch raucht, desto eher gewöhnt sich der Körper daran. Um die gleiche Wirkung zu erzeugen, muss immer noch mehr geraucht werden. Früher oder später schleicht sich eine Nikotinabhängigkeit ein, wobei bei den meisten RaucherInnen die psychische Nikotinabhänigkeit eng mit einer körperlichen verschränkt ist.

Nach einer längeren Rauchpause taucht ein überstarkes Verlangen auf. Jetzt wird nicht mehr wegen der entspannenden oder munter machenden Wirkung geraucht, sondern um Entzugserscheinungen zu vermeiden: Nervosität, Gereiztheit, depressive Verstimmung, Konzentrationsschwäche, Kopfweh, Schwindel, Übelkeit, Schweissausbrüche, Herzrasen...


Andere suchterzeugende Stoffe

Zigaretten enthalten noch weitere suchterzeugende Stoffe: Viele dieser Stoffe werden dem Tabak künstlich beigemengt. Denn je mehr RaucherInnen von der Zigarette abhängig sind, desto höher sind die Gewinne der Tabakkonzerne...

Einer dieser Stoffe ist Ammonium. Es intensiviert die Wirkung des Nikotins.

Ein anderer künstlich beigefügter Stoff ist gewöhnlicher Zucker. Seine Wirkung ist etwas komplizierter: wenn Zucker zusammen mit anderen Tabakstoffen verbrennt, entsteht Acetaldehyd. Acetaldehyd reduziert ein Enzym, das MAO-B, das normalerweise im Gehirn ziemlich fleissig die Stoffe Dopamin und Serotin abbaut. Wer raucht hat also mehr Dopamin und Serotonin im Gehirn. Die Wirkung dieser Stoffe wird ähnlich angenehm empfunden wie das Nikotin, was das Suchtpotential von Zigaretten erhöht.


Schlank sein wollen

Eine weitere Wirkung von Nikotin ist die Minderung des Hungergefühls. Daneben steigert Nikotin den Stoffwechsel, das heisst Kalorien werden von RaucherInnen durchschnittlich etwas schneller verbraucht.

Dies hat vor allem bei vielen weiblichen Jugendlichen und Frauen fatale Auswirkungen: Getrieben vom weiblichen Schlankheitsideal setzen sie Zigaretten zur Gewichtskontrolle ein. Aus Angst zuzunehmen, geben sie Rauchen auch dann nicht auf, wenn sie Nachteile wie verminderte Fitness, Atemprobleme oder verschlechterte Haut in Kauf nehmen müssen. Sie sind von der Zigarette psychisch abhängig: Sie glauben, dass sie ohne Rauchen nicht genug attraktiv sein können.


Rauchen als ritual

Nikotin macht nicht den alleinigen Reiz am Rauchen aus. Viele erleben Rauchen als ein Ritual: Als Belohnungs-, Gemeinschafts- oder Pausenritual. Rituale können eine Wende oder einen Übergang markieren, zum Beispiel zwischen Arbeit und Freizeit. Die Zigarette nach einem Arbeits- oder Schultag hat häufig die Funktion einer Belohnung und soll entspannen helfen, Rauchen wirkt hier ähnlich wie eine erlösende Schulglocke, es läutet sozusagen den Feierabend ein.

Rauchrituale können auch dazu dienen, das Gemeinschaftsgefühl zu stärken und Zugehörigkeiten zu signalisieren: wer mitraucht, gehört dazu, ist willkommenes Mitglied einer - oft verschworenen - Gruppe, wer nicht mitmacht, bleibt ausgeschlossen.

Rauchen ist ein immergleiches Prozedere und wird auch darum als Ritual verwendet: Zigarette anzünden, ersten Zug nehmen, Zigarette weiterreichen, etc..

In vielen Kulturen wird an heiligen Orten oder bei wichtigen Feierlichkeiten Rauch eingesetzt: Weihrauch in den katholischen Kirchen, Räucherstäbe in buddhistischen Tempeln, der Rauch der Friedenspfeife in indianischen Kulturen... Der Unterschied solcher Rauchrituale gegenüber normalem Zigarettenrauch ist, dass sie weder ungesund sind noch abhängig machen. Aber vielleicht suchen Raucher/innen in Zigaretten einen Ersatz für verlorengegangene Rituale?


Halt finden

Viele RaucherInnen berichten, dass sie vermehrt zur Zigarette greifen, wenn sie sich unsicher oder gestresst fühlen. In der Zigarette finden sie buchstäblich Halt.

Der Rauch vor dem Gesicht kann dann als eine Art halbdurchsichtige Wand dienen, die gegen zudringliche Blicke schützt, beispielsweise, wenn man alleine in einem Café oder an einer Haltestelle sitzt.

Ähnlich kann Rauchen in Gegenwart von Menschen, bei denen es einem nicht wohl ist, das Gefühl einer schützenden Distanz vermitteln.

Problematisch ist dieser Schutzmechanismus abgesehen von seinen gesundheitlichen Risiken vor allem dann, wenn man sich so sehr an Zigaretten gewöhnt hat, dass man sich ohne sie haltlos und verloren fühlt. Und das kommt vor.


 
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