Newsletter vom 31.5.2010 - Hängegleiter mit Elektroantrieb- Deutsche Version

Zwischenbericht über die Zulassung von Elektroantrieben

Die Thermikzeit hat begonnen, und der eine oder der andere Pilot hat sich vermutlich gefragt, ob die Hang- und Bergstartplätze weiterhin die einzige nutzbare Möglichkeit sind, um den Einstieg in die Thermik zu finden. Die Antwort ist für dieses und nächstes Jahr ein klares Ja.

Es wäre jedoch falsch anzunehmen, dass punkto Zulassung der Elektroantriebe nichts passiert. Im Gegenteil – es wird daran gearbeitet, jedoch im Hintergrund.

In Friedrichshafen bekam ich die Gelegenheit, von zwei Vertretern des Bundesamts für Zivilluftfahrt BAZL über die aktuelle Lage und die nächsten Schritte informiert zu werden. Der SHV-Direktor und der Chefredakteur des «Swiss Glider» waren ebenfalls anwesend. Ich versuche nun, die wichtigsten Erkenntnisse und Überlegungen in diesem Rundbrief zusammenzufassen.

1984 entschied sich der Bundesrat gegen die Einführung von UL in der Schweiz. Dieses Verbot zeigt heute – aufgrund der technologischen Weiterentwicklung – einige damals noch nicht voraussehbare Nebenwirkungen. Wollte man damals die Bevölkerung und die Natur vor den lauten und umweltschädigenden, noch nicht wirklich ausgereiften UL schützen, so sieht man sich heute mit der eigenartigen Situation konfrontiert, dass gerade wegen dieses Verbots diejenigen Luftfahrzeuge am Boden bleiben müssen, die am wenigsten Emissionen verursachen und ökologisch am sinnvollsten wären. Das ist dasselbe, wie wenn in der Schweiz nur Lastwagen und grosse Autos zugelassen wären, kleine Hybrid- und Elektroautos hingegen in der Garage bleiben müssten. Es ist nun nicht meine Absicht, mich gegen die Zulassung von Lastwagen und grossen Autos zu wehren. Viel mehr geht es mir darum hervorzuheben, dass heute eine Überprüfung des UL-Verbots sinnvoll ist.

Viele Hängegleiterpiloten würden es begrüssen, wenn sich das BAZL bei einer UL-Zulassung auf die Elektroantriebe von Gleitschirmen, Deltas und Starrflüglern beschränkt: Einerseits darum, weil Benzinmotoren bei einer Mehrzahl der Piloten nicht beliebt sind, andererseits weil man sich vorstellt, dass die Zulassung von Elektroantrieben viel schneller erreicht werden kann als eine umfassende Zulassung von Elektro- und Benzinmotoren.

Der SHV kennt die Meinung seiner Mitglieder und hat sie weitergeleitet. Ich habe den Brief gelesen, den er vor einem Jahr dem BAZL geschickt hat, und in dem er klar und unmissverständlich kommunizierte, dass er nur ein Gesuch für die Zulassung von Elektroantrieben als Aufstiegshilfe stelle. Weil das BAZL aber «Bundesamt für Zivilluftfahrt» und nicht «Bundesamt für Hängegleiter» heisst, strebt es lieber eine umfassende Lösung an.

Die Aussage des BAZL, dass das Zulassungsprozedere zeit- und ressourcenaufwendig sei, ist keine Ausrede, sondern Tatsache. Ob nun nach einer Lösung für die Zulassung von Hängegleitern mit Elektroantrieben allein oder für eine umfassende Zulassung von heute verbotenen ultraleichten Luftfahrzeugen gesucht wird, hat nur eine geringe Auswirkung auf den Arbeitsaufwand. Dem BAZL stehen zwei Optionen offen: entweder den Zulassungsprozess stoppen, weil zu ressourcenintensiv – was den Betrieb von Elektroantrieben verunmöglichen würde – oder die gesamte UL-Situation überprüfen. Es wurde die zweite Option gewählt.



Nächste Schritte

Das BAZL wird nun mögliche Lösungen ausarbeiten. Es geht darum zu erfahren, welche Lösungen welche Auswirkungen zur Folge haben. Dies auf verschiedene Ebenen: Sicherheit, Technik, Flugbetrieb, Umwelt, Bevölkerung, Luftverkehr usw.

Sollte diese Überprüfung zeigen, dass bestimmte Fluggeräte irgendwelche bedenkliche Auswirkungen haben, so wäre es durchaus möglich, dass diese nicht mehr weiter berücksichtigt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass die Chancen für Hängegleiter-Elektroantriebe intakt sind, im Rahmen dieser Überprüfung gute Ergebnisse zu erzielen und weiter berücksichtigt zu werden.

Diese Überprüfung ist entscheidend für die Fortsetzung der Arbeit und für die effektiven Chancen einer Zulassung. Das BAZL kann Änderungen vorschlagen. Schliesslich sind es jedoch die politischen Instanzen, die für oder gegen Änderungen entscheiden. Ist aber ein Thema vor der politischen Diskussion nicht sauber und professionell vorbereitet, dann wächst das Risiko, dass das Zulassungsprojekt scheitert. Deshalb ist es besser, wenn dieser Prozess ein Jahr länger dauert und am Ende erfolgreich ist, als dass die Zwischenschritte zu schnell erledigt werden und die vorgeschlagenen Änderungen von der Politik schliesslich abgelehnt werden.

Wir rechnen damit, dass die Überprüfung der verschiedenen Lösungen bis Ende Jahr abgeschlossen ist. In welche Richtung die weitere Bearbeitung dann gehen wird, kann zurzeit noch niemand sagen.

Es sieht also ganz danach aus, dass wir die Quellwolken über dem Flachland in nächster Zeit noch etwas in Ruhe lassen… Wir arbeiten aber daran, dass sie für uns in einer nicht mehr allzu fernen Zukunft erreichbar sind. Das Zulassungsprojekt hat in der Tat eine reale Chance bewilligt zu werden. Das komplexe Prozedere kann jedoch nur mit Intelligenz, Geduld, Zeit und engagierten, kompetenten Leuten bewältigt werden (Das ist kein Selbstlob; ich denke primär an die anderen beteiligten Personen).

In der Zwischenzeit wird auf der technischen Seite weitergearbeitet, und die verschiedenen Modelle werden stets thermiktauglicher. Die meiner Ansicht nach interessantesten Modelle werden auf http://www.feelok.ch/elektro/modelle2010.asp vorgestellt. Ein Klick darauf lohnt sich.