Seit Monaten beschäftige ich mich intensiv mit dem Thema "Elektrohängegleiter": ich habe Berichte gelesen, Videos angeschaut und breit in Internet recherchiert. Jedoch hatte ich noch nicht die Gelegenheit, ein Elektrohängegleiter in Aktion zu erleben. Als ich erfuhr, dass man in Garmisch Mitte März 08 bei der Free Flight sowohl einen Elektroschirm als auch einen Elektrostarrflügler begutachten konnte, war für mich klar: dieses Wochenende ist für Garmisch reserviert.
Am Samstag, dem 15. März war es so weit. Der Vorstand vom DHV (deutscher Hängegleiter-Verband), mehrere interessierte Zuschauer und ich waren bereit den Elektroschirm fliegen zu sehen … und zuzuhören. Die Bedingungen waren nicht optimal: schwacher Wind und nasser Boden waren beim Start nicht hilfreich. Der Pilot konnte trotzdem den Schirm mit abgeschaltetem Motor rückwärts (!) aufziehen, sich drehen und während der Beschleunigungsphase mit einem Schub von 60 Kg ruhig in die Luft kommen.


Der Propeller produzierte bei 1'900 Drehungen pro Minute ein angenehmes tiefes Geräusch, welches mit zunehmendem Abstand (etwa 100 Meter) kaum mehr hörbar war.
Bei der Landung konnte ich mit dem Konstrukteur des Gerätes, dem Ingenieur Werner Eck, diskutieren und hatte die Möglichkeit, den Elektroantrieb am Rücken zu tragen. Er ist mit seinen 21 Kg wirklich leicht (ein voll getankter Motorschirm wiegt 35 kg und mehr), sehr bequem zu tragen und beschränkt die Bewegungsfreiheit kaum.


Ich schloss kurz die Augen und stellte mir vor, auf einer geeigneten zugelassenen Wiese im Kanton Aargau, Basel oder Zürich im Flachland zu starten, 300 Meter an Höhe zu gewinnen, den Motor abzustellen und mich wie ein normaler Gleitschirmpilot mehrere Kilometer von einem Thermikschlauch zum nächsten zu bewegen. Die Technik dafür ist reif, das hat Werner Eck mit seinen Elektroantrieben bewiesen.
Sein Elektroschirm hat eine Motorlaufzeit bei 100% Leistung von etwa 10 Minuten. Ein Gleitschirm erreicht somit eine Höhe von 800-900 Metern über Boden. Aber schon nach 200-400 Metern werden die Thermikschläuche brauchbar und man kann den Motor abstellen. Mit der restlichen Batterie hat man noch ein bisschen Reserve, falls man absäuft und wieder einige hunderten Meter steigen will. Faszinierend bei diesen Aussagen ist, dass es sich dabei nicht um Visionen oder Rechnungen handelt, sondern um konkrete Erfahrungen und Tatsachen.
In Garmisch flog auch ein Starrflügler mit Elektroantrieb. In wenigen Sekunden kam der Atos in die Luft, gewann ein bisschen Höhe, erreichte einen Hügel in der Nähe, stellte den Motor ab und flog mehrere Minuten thermisch. Als er 50 Minuten später landete, war die Batterie noch halb voll. Der Starrflügler hat das Publikum mit seiner Leistung, seiner Eleganz und seinem flüsternden Hintergrundgeräusch beeindruckt. Ich könnte mir gut vorstellen, mit einem Elektrodrachen zu fliegen und ich bin sicher nicht der einzige. Seine Zulassung in der Schweiz könnte den Drachen erneut Schwung für ihre Diffusion geben.

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